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FDA - NEWS

Im Dialog wenn möglich, auf eigene Verantwortung wenn nötig

Christian Reuter


Gerade die jüngeren Generationen haben andere Anforderungen an ihren Arbeitsplatz. Dort wo früher Karriere und finanzielle Anreize im Mittelpunkt standen, geht es heute zunehmend um die Sinnhaftigkeit der Arbeit, Werte und individuelle Ausgestaltung der Arbeitsbeziehungen.

Das setzt Arbeitgeber im Kampf der Talente unter Druck. Gerade Länder, die das Arbeitsrecht aus den Anfängen der Industrialisierung und Gewerkschaften mit dazugehörigem Mindset erhalten haben, tun sich schwer damit, geeignete Arbeitskräfte anzuziehen.
Arbeitsbeziehungen aus dem letzten Jahrhundert zählen anscheinend nicht zu den Auswahlkriterien auf einem mobilen Arbeitsmarkt. USA, Großbritannien und Kanada haben klar die Nase vorn.


Luxemburg und andere europäische Staaten geraten im Kampf um Fachkräfte immer mehr ins Hintertreffen. Dort, wo sich Mitarbeiter Arbeitsbeziehungen à la carte wünschen, sind diese in Luxemburg bis ins letzte Detail gesetzlich in Stein gemeißelt und ein heiliger Gral, der vom Gewerkschafts- Zerberus eifersüchtig gehütet wird.

Ansprüche und gesetzlicher Rahmen driften auseinander. Dort wo ausgetrampelte Pfade in der Sackgasse enden, ist die Politik eher ratlos. Die Regierung reagiert, indem sie immer neue Formen der „Nicht-Arbeit“ erfindet und diese dann als
Flexibilisierung labelt. Ein Etikettenschwindel, der nichts mit der eigentlichen Herausforderung zu tun hat. Arbeiten un Mehrwert produzieren müssen wir nämlich weiter, wenn wir uns den gewohnten Lebensstandard erhalten wollen.
Für die in Europa verbreitete Lebenslüge, dass man Wirtschaft und Arbeit vom Wohlstand entkoppeln könnte, werden wir noch eines Tages die Quittung bekommen.

 Gewerkschaften, wie jüngst der OGB-L, geben den Arbeitgebern die Schuld am eigenen Fachkräftemangel, da sie nicht
bereit wären, für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen. Das ist natürlich relativ heuchlerisch, da die Optionen für einen Arbeitgeber, neben dem Arbeitsrecht, ein Modell auf die Beine zu stellen, welches nicht automatisch
wirtschaftlicher und finanzieller Selbstmord bedeutet, extrem eingeschränkt sind.


Die Gewerkschaften präsentieren dann den Kollektivvertrag als das Mittel der Stunde. Kollektivverträge sind überall
dort eine Lösung, wo beide Verhandlungsseiten sich Win-win-Situationen vorstellen können.
Der wenige Freiraum, der neben dem Arbeitsgesetz genutzt werden könnte, liegt in den meisten Fällen brach.
Besonders für eine Gewerkschaft verstoßen Win-win-Lösungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gegen ihr ideologisches Grundverständnis. Dem „Kapital“ (zu dem anscheinend auch das kleine
Handwerksunternehmen zählt) müssen einseitige Zugeständnisse im Rahmen von heldenhaften Kämpfen
abgerungen werden. „Win-win“ ist im Instrumentenkasten und der Gedankenwelt des OGB-L gar nicht vorgesehen.

Wenig verwunderlich, dass sich die Begeisterung im Handwerk, überhaupt noch Kollektivverträge abzuschließen,
in Grenzen hält. In den letzten Jahren wurden mehrere Kollektivverträge im Handwerk gekündigt, wie z.B. im
Schreiner- oder Malerberuf, ohne dass es die Gewerkschaften besonders interessiert hätte. 

Bei den Handwerksbetrieben sorgt dieser Stand der Dinge für reichlich Frustration. Alle Modelle, die sie im
vollen Einverständnis mit ihren Mitarbeitern umsetzenkönnten, sind entweder vom Arbeitsrecht verboten oder es besteht keine Aussicht, sie mit Gewerkschaften verhandelnzu können.


Dabei kommen Gewerkschaften im Handwerk so gut wie gar nicht vor. Ein Handwerksunternehmen zählt im Durchschnitt 12 Mitarbeiter und dort, wo eine Personaldelegation existiert, klappt die Zusammenarbeit ohne Probleme. Vielleicht deshalb weil die Delegierten in den seltensten Fällen einer Gewerkschaft angehören und sich deshalb auf die reale Situation im Betrieb konzentrieren können anstatt auf die Anweisungen aus der Gewerkschaftszentrale.

Irritiert sind die Unternehmer auch vom Alleinvertretungsanspruch gegenüber allen Arbeitnehmern, den der OGB-L
wie eine Monstranz vor sich herträgt und dazu benutzt, um Arbeit ganz allgemein als Hexenwerk zu stigmatisieren, welches man auf ein Minimum begrenzen müsste. Stark sind die Gewerkschaften immer dort, wo der Steuerzahler die Löhne zahlt und der Verhandlungspartner auf der Arbeitgeberseite den lieben Gott einen guten Mann sein lässt, da er sich um Produktivität und Überlebensfähigkeit seiner Organisation keine Sorgen machen muss.

Allgemein zieht der OGB-L seine Legitimität aus Sozialwahlen, denen im Schnitt 70 Prozent der Wahlberechtigten
fernbleiben. Von den 30 Prozent, die ihre Stimme abgeben, wählen rund 60 Prozent den OGB-L. Unter dem Strich haben
80 Prozent der Arbeitnehmer dem OGB-L KEINE Stimme gegeben, was diesen aber nicht davon abhält, sich als DEN
Vertreter von ALLEN „schaffenden Léit“ zu erklären und von seiner Zentrale in Esch zu dekretieren, was Arbeitnehmer zu
denken und zu wollen haben.


Das wäre eigentlich nicht das Ende der Welt, wenn sich die Politik diesem Anspruch nicht blind und kritiklos unterwerfen
würde und alles, was vom OGB-L gefordert wird, wie einewarme Kartoffel behandelt wird, anstatt ein bisschen mehr Souveränität und Gelassenheit im Umgang mit den Genossen an den Tag zu legen. Die ständigen Ausreden, dass dieses oder jenes nicht diskutiert werden könnte, da der OGB-L dies nicht wolle, ist auf jeden Fall ein politisches Bankrottbekenntnis.

In einer Aktion in den sozialen Medien haben zahlreiche Mitglieder gezeigt, dass sie und ihre Mitarbeiter ein eingefleischtes Team bilden, das jeden Tag funktioniert. Das ist der Sozialdialog, der zählt und nicht der formalisierte Hahnenkampf auf der medialen Bühne.


Wenn Luxemburg ein Hotspot für internationale Arbeitskräfte bleiben, respektiv werden soll, muss die Politik umdenken
und bereit sein, auch mal nach vorne zu schauen. Im Dialog wenn möglich, auf eigene Verantwortung wenn nötig.


Fédération des Artisans
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